Home » Blog-Beiträge » Botulismus-bei Pferden
Das Botulismus-Toxin gilt als eines der für unsere Pferde gefährlichsten Gifte überhaupt. Bereits kleinste Mengen im Futter können schwere, gesundheitliche Folgen für sie haben und führen nicht selten zum Tod. Clostridium Botulinum lautet der Name des Bakteriums, das für die Entstehung dieses Nervengiftes verantwortlich ist. Es kommt in unserer Umwelt beinahe überall vor und ist dort paradoxerweise gänzlich ungefährlich. Erst in luftdicht abgeschlossener Umgebung entwickelt es die Giftstoffe, die für unsere Pferde so fatal sein können.
„Bakterien luftdicht einschließen“ – dieses Stichwort fällt in der Pferdefütterung verstärkt bei der Silage-Produktion. Dabei wird das Gras dicht gepresst in Folie verpackt, so dass kein Sauerstoff mehr vorhanden ist. Nur unter diesen Umständen kann die gewünschte Milchsäuregärung optimal ablaufen.
Da die Bakterien auf dem Boden und im Wasser in großer Anzahl vorkommen, geraten sie bei diesem Verfahren schnell ins Futter. Nicht selten werden mit dem Gras auch kleine, verendete Tiere in die Silage mit aufgenommen. Auch diese können mit dem Botulinum-Bakterium kontaminiert sein. So kann während der Lagerung das biologische Gift recht schnell entstehen und im schlimmsten Fall an das Pferd verfüttert werden. Dieses schlüsselt das Toxin im Dünndarm auf. Von dort breitet es sich im gesamten Körper aus, wo es dann die Reizweiterleitung von Nerv auf Muskel blockiert. Es kommt zu einer sogenannten schlaffen Lähmung und in den meisten Fällen zum Tod durch Ersticken.
Bereits die Aufnahme von 50 bis 100 g kontaminierten Futters (es reichen wenige Nanogramm des Giftes pro kg Körpergewicht) kann beim Pferd zum Tod führen.
Die häufigsten Ursachen für den Ausbruch einer Botulismus-Erkrankung sind entweder
Das Pferd nimmt das Nervengift in den meisten Fällen über die Nahrung auf. Nur vereinzelt kommt es auch zu einem sogenannten Wundbotulismus: Hier dringen die Erreger in eine Wunde ein und vermehren sich dort. In beiden Fällen gelangt das Gift in den Blutkreislauf.
Nach der Aufnahme von Toxin-belasteten Futtermitteln können in den darauffolgenden 1–14 Tagen klinische Symptome auftreten. In den meisten Fällen beginnt alles damit, dass die erkrankten Pferde langsamer fressen, vermehrt speicheln, die Zunge heraushängen lassen und sich schwer tun beim Saufen und Fressen. Sie blinzeln immer weniger und auch der Schweif bleibt nahezu reglos. Dazu kommen möglicherweise:
Im Gegensatz zu dem von Muskelkrämpfen geprägten Tetanus drückt sich der Botulismus durch eine schlaffe Lähmung aus. Der Tod tritt schließlich durch eine Atemlähmung ein. Wichtig: Mit Botulismus infizierte Pferde zeigen kein Fieber, da es sich hier nicht um eine infektiöse Krankheit handelt.
Die angesprochene Symptomatik ist nicht unbedingt sofort eindeutig und kann auch auf andere Krankheitsbilder schließen. Ein starker Verdacht auf Botulismus besteht allerdings, wenn das betroffene Pferd trotz der genannten Anzeichen nicht unter Fieber leidet und nicht depressiv, ängstlich oder bösartig scheint. An Botulismus erkrankte Tiere zeigen darüber hinaus auch kein Schmerzempfinden.
Neben den nun genannten Hinweisen, die auf eine Vergiftung mit dem Clostridium Botulinum hinweisen, gibt es ergänzende Maßnahmen, um eine solche sicher nachzuweisen. Zum einen kann man diese Bakterien selbstverständlich anhand von Proben im Futter nachweisen. Doch ob sie dann letztendlich auch im Tier vorhanden sind, zeigt nur eine Toxinnachweis aus dem Magen- oder Darminhalt, dem Blut oder der Leber mittels verschiedener serologischer Methoden, die vom Tierarzt ohne Weiteres durchgeführt werden können.
Besteht der Verdacht einer Botulismus-Erkrankung, muss umgehend ein Tierarzt gerufen werden. War die aufgenommene Dosis dieses Nervengifts sehr gering und wurde sie rasch bemerkt, kann eine Gabe von Antibiotika der Vermehrung der Bakterien eventuell noch entgegenwirken. Das Pferd muss umgehend in einen stabilen Zustand versetzt werden. Die Entgiftungszentrale Leber benötigt sofort Unterstützung, um das Toxin aus dem Körper leiten zu können. Kann das Pferd bereits schon nicht mehr schlucken, muss eine Nasenschlundsonde gesetzt werden. Hier sollte allerdings auf die Kombination von Paraffinöl und Aktivkohle (vgl. unten) verzichtet werden.
Eine vollständige Ausheilung kann Wochen, oftmals sogar Monate dauern, gelingt allerdings nur in sehr wenigen Fällen. Um Verläufe heilen zu können, würde ein neutralisierendes Serum benötigt werden. Ein solches steht aktuell in Deutschland nicht zur Verfügung. Doch auch dieses würde nur Pferde im Frühstadium erfolgreich behandeln können.
Im Humanbereich gibt es ein Antitoxin, dafür kann sich der Tierarzt laut Tierseuchenschutzgesetz im Ausnahmefall eine Genehmigung einholen. Ist das Pferd nicht mehr in der Lage zu fressen und zu saufen, muss in jedem Fall die Wasserversorgung mittels einer Magensonde aufrechterhalten werden. Ergänzend dazu müssen Infusionen zum Einsatz kommen, die in jedem Fall mit Glukose zur Energieversorgung angereichert werden sollten. Solange es geht, kann den Pferden das Futter noch über stark eingeweichte Cobs oder Flakes zugänglich gemacht werden. Selbstverständlich müssen die auftretenden Symptome dann therapiert werden. Mit Aktivkohle kann möglicherweise die Dekontamination mit dem Clostridium Botulinum eingedämmt werden.
Das bedeutet für uns Pferdehalter und unsere Tierärzte, dass bei einer schlaffen Lähmung der Skelettmuskulatur, Zungenlähmung und Schluckstörungen bei gleichzeitig ungetrübtem Bewusstsein nach Ausschluss anderer infrage kommender Erkrankungen eine Vergiftung mit dem Botulismus-Bakterium in Betracht gezogen werden sollte – und das zügig. Denn eine Erkrankung mit Botulismus stellt beim Pferd wie beim Menschen und anderen Tierspezies eine lebensbedrohliche Erkrankung dar.
Mehr Informationen über eben diese medizinische Betrachtung finden Sie unter https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0038-16
Zurück zur Übersicht
Wir verwenden Cookies, um ein optimales Surfserlebnis zu bieten. Wenn Sie unsere Website benutzen, erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Informationen darüber, wie Sie Cookies verwalten oder einschränken können, finden Sie in unserer Cookie Policy.